Gut ein halbes Jahr ist seit der viel beachteten Rede von Dr. Theodor Weimer vergangen. Der Wirbel, den sie im vergangenen Sommer auslöste, war beachtlich. Die WirtschaftsWoche sah in Weimers Werben für eine Private Economy „einen gefährlichen Gedanken“ und die WELT sprach vom „Märchen von der privaten Wirtschaft“. Nun da sich die mediale Aufregung ein wenig gelegt hat und die Ampel-Regierung schon wieder Geschichte ist, lohnt ein erneuter Blick auf das Gesagte. Denn ich bin der Überzeugung, dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Börse den Finger in die richtige Wunde gelegt hat.
Der Staat kann und darf nicht die Hängematte für alle spielen. Neben der Bemutterung der Bürger über Bürgergeld, Kindergrundsicherung, Wohngeld, Sozialhilfe u.v.a.m. will der Staat jetzt auch noch der Wirtschaft sagen, was sie wie produzieren soll, was geht und was nicht. Wenn etwas nicht ganz so funktioniert, wie die Politik sich das vorstellt, wird gerne mal das Staatssäckel aufgemacht und kräftig subventioniert, das Insolvenzrecht außer Kraft gesetzt oder Gesetze bis zur Unkenntlichkeit modifiziert. Das Schlimme ist, dass die Wirtschaft das zum einen annimmt und zum anderen in schwierigen Zeiten sogar laut nach staatlicher Unterstützung ruft und mit dem Verlust vieler Arbeitsplätze droht.
Dabei gibt unser Staat aktuell in vielen Kern-Bereichen kein gutes Bild ab. Die komplette Infrastruktur – ganz gleich ob Straßen, Brücken oder Schienen – ist marode. Staatliche Intervention ruiniert deutsche Schlüsselindustrien und die Verwaltung ist trotz oder vielleicht auch wegen der Digitalisierung in Verweigerungshaltung, was behördliche Dienstleistungen für die Bürger und Unternehmen angeht. Sinnlose behördliche Vorschriften verhindern Dynamiken, die private oder unternehmerische Initiativen entwickeln könnten. Schulen zeichnen sich mehr durch Unterrichtsausfall aus als durch Spitzenpositionen bei den Pisa-Studien. Die Betreuung der Kinder im Vorschulalter funktioniert nur teilweise aber nicht überall. Vom Zustand der Verteidigungsfähigkeit und der inneren Sicherheit will ich an dieser Stelle gar nicht anfangen. Dabei wären all dies die eigentlichen Aufgaben des Staates.
Unternehmerische Initiative jetzt so nötig wie nie.
Die Public Economy ist am Ende. Deshalb ist unternehmerische Initiative jetzt so nötig wie nie. Das will ich anhand zweier Beispiele aufzeigen.
Die vergangenen Jahre haben gezeigt: Der Staat will gerne, schafft es aber nicht, ausreichend bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen. Das beste Beispiel ist das Scheitern der Ampel-Regierung, ihr Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr zu erreichen. Von den Konsequenzen berichten auch meine Kunden immer öfter. Selbst gut-verdienende Führungskräfte scheuen einen mit einem Job- einhergehenden Ortswechsel etwa nach München, Hamburg oder Stuttgart. Wer nicht unbedingt muss, zieht nicht um.
Es ist an der Zeit, dass sich Unternehmen dieses Problems verstärkt annehmen. Dabei könnten sie eine Maßnahme ergreifen, die sich schon einmal bewährt hat: Firmen könnten zum Beispiel das Konzept „Werkswohnungen“ wieder aus ihren Schubladen holen. In den Nachkriegsjahren bauten Firmen massiv werkseigene Wohnungen, um die Wohnungsnot ihrer Mitarbeiter zu lindern. Ende der Siebzigerjahre gab es in Westdeutschland zusätzlich zu dem staatlich geförderten sozialen Wohnungsbau noch rund 450.000 Werkswohnungen. Danach sank die Anzahl wieder rapide, da die Wohnungen von den Unternehmen verkauft wurden, um Eigenkapital freizusetzen. Heute ist der Wohnungsmarkt wieder so angespannt, dass es sich für Unternehmen lohnt, selbst aktiv zu werden. Im Wettbewerb um Fach- und Führungkräfte sind Jobangebote mit Wohngarantie ein enormer Vorteil. Konzerne wie Beiersdorf machen es vor und errichten wieder Wohnanlagen für ihre Mitarbeiter.
Das zweite offenkundige Beispiel ist die unzureichende Unterstützung berufstätiger Frauen. Immer mehr staatliche Kitas reduzieren ihre Öffnungszeiten oder machen gleich tageweise ganz zu. Wenn Unternehmen es tatsächlich ernst meinen, mehr Frauen in die Führungsetagen bringen zu wollen, wäre es eine gute Idee, wenn sie anfangen würden, selbst für die Kinderbetreuung zu sorgen. Dies löst viele logistische Probleme der Frauen und ermöglicht ihnen eine schnellere Rückkehr in ihre Führungsrollen. Die zeitliche Synchronisation der Kinderbetreuung mit den Arbeitszeiten der Eltern ist ein weiterer großer Vorteil.
Ja, wenn der Staat diese Aufgabe wahrnehmen würde, wäre all dies nicht notwendig. Aktuell ist das jedoch nicht gegeben und deshalb müssten selbst kleinere und mittlere Unternehmen in diesem Bereich aktiv werden. Unternehmen mit Kinderbetreuung haben am Arbeitsmarkt einen Vorteil. Wenn sich Frauen auf Betreuungszeiten verlassen können, sind sie auch bereit, Verantwortung zu übernehmen. In Amerika und Kanada sind solche Angebote weit verbreitet, weil die Kommunen dort die Betreuung selten oder überhaupt nicht anbieten.
Es hilft nicht, zu lamentieren, dass der Staat diese Aufgaben nicht bewältigt.
Kurzum: Es hilft nicht, zu lamentieren, dass der Staat diese Aufgaben nicht bewältigt. Er wird es nicht alleine richten können. Unternehmerinnen und Unternehmer sollten jetzt selbst aktiv werden. Werkswohnungen und betriebliche Kinderbetreuung sind nur zwei Beispiele, wie Unternehmen Lösungen vorantreiben können. Firmen, die eine aktivere Rolle übernehmen und gesellschaftliche Verantwortung zeigen, werden insgesamt erfolgreicher sein.
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